Mitgefühl

Kristin Neff schreibt in Ihrem Buch „Selbstmitgefühl“:

Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf dem Weg zur Arbeit im Stau, und ein Obdachloser will Ihnen für einen Euro die Autofenster abwaschen. “Er ist so aufdringlich“, denken Sie. “Wenn er nicht fertig ist, bis die Ampel auf Grün schaltet, muss ich noch eine Phase warten und komme zu spät. Wahrscheinlich wird er das Geld sowieso in Drogen oder Alkohol umsetzen. Vielleicht lässt er mich in Ruhe, wenn ich ihn einfach ignoriere.“ Aber er lässt Sie nicht in Ruhe, und Sie sitzen da und ärgern sich über ihn, während er die Autoscheiben wischt. Wenn Sie ihm kein Geld geben, werden sie sich schuldig fühlen; tun Sie es doch, werden Sie sich ärgern.

Und dann geht Ihnen eines Tages ein Licht auf. Sie stehen wieder im Berufsverkehr vor derselben Ampel, zur selben Zeit, und wieder ist da dieser Obdachlose mit einem Eimer und seinem Schwarm. Aus irgendeinem Grund sehen Sie ihn heute mit anderen Augen. Sie nehmen ihn als Person war, nicht nur als ein Ärgernis. Sie bemerken, dass er leidet, und überlegen: „Wie überlebt er nur? Die meisten Leute jagen ihn einfach weg. Er steht den ganzen Tag zwischen den Autos in den Abgasen und bekommt sicher nicht viel dafür. Zumindest ist er bereit, etwas für sein Geld zu tun. Es muss hart sein, wenn die Leute ständig so verärgert auf einen reagieren. Was für eine Geschichte mag er wohl haben? Wodurch ist er auf der Straße gelandet?“ Sobald

Sie den Mann als einen leidenden Menschen wahrnehmen, verbindet sich Ihr Herz mit ihm. Statt ihn zu ignorieren, stellen Sie erstaunt fest, dass Sie sich einen Moment Zeit nehmen, um darüber nachzudenken, wie schwer sein Leben ist. Sein Schmerz rührt Sie an, und Sie möchten ihn gern irgendwie helfen. Und, ganz wichtig, wenn Sie echtes Mitgefühl und nicht nur Mitleid mit ihm empfinden, dann werden Sie sich etwas sagen wie: „Um Gottes Willen, das könnte auch mir passieren. Wäre ich unter anderen Bedingungen zur Welt gekommen oder hätte ich vielleicht einfach nur Pech gehabt, dann würde ich jetzt genauso ums Überleben kämpfen. Wir können alle in solch einer Situation geraten“.

Unsere gemeinnützige "Stiftung Lebenswerte" unterstützt mit großem Engagement genau diese Menschen.